Zum ersten Mal Tabellenführer

Der TSV Bad Königshofen startet mit einem 3:0 gegen Post SV Mühlhausen in seine neunte Bundesliga-Saison

Am Sonntagabend, als nach der Minus-Rekordzeit von rund eineinviertel Stunden effektiver Spielzeit der 3:0-Saison-Auftaktsieg des TSV Bad Königshofen gegen den ewigen thüringischen Rivalen Post SV Mühlhausen eingetütet war, da standen die selben vier Vereine auf den Play-off-Plätzen wie am Ende der vergangenen TTBL-Runde. Mit dem Unterschied, dass der TSV zum ersten Mal nach sieben Jahren 1. Bundesliga Tabellenführer war, vor Meister Düsseldorf, Vizemeister Saarbrücken und Werder Bremen. Davor und danach konnte kommen was wollte: Besser als 3:0 und 9:1 Sätze und 110:67 Bälle geht kaum. Und das gegen den Champions-League-Teilnehmer, wenn auch ohne seine zwei nur für die CL verpflichteten Chinesen und in derselben Besetzung wie im Vorjahr – wie die Königshöfer auch.

Dass Bescheidenheit ziert und auch nach einem solchen Erfolg angebracht ist angesichts des allgemeinen Aufrüstens mit Weltklasse-Spielern in der TTBL, war den TSV-Spielern und sogar dem hochsommerlich reduzierten Publikum, nur 375, anzumerken. Jeder sprach von „vorher nie gedacht.“ Immerhin gab es in der vergangenen Saison gleich zwei Niederlagen, sogar beim ersten Matchball zu den Play-offs. „Nur nicht absteigen“, hieß und heißt die Parole. Wenn das geschafft sei, wolle man weitersehen.

Über die Aufstellung von Coach Koji Itagaki nach Absprache mit seinem Quintett wunderten sich ebenso nicht wenige. Sie war goldrichtig. Dabei war bei den Gästen kurz vor dem ersten Ballwechsel ein süffisantes Grinsen zu entdecken. Als zu Trainer Erik Schreyer am SR-Tisch die Reihenfolge des TSV-Trios durchsickerte und Daniel Habesohn nachfragte, antwortete Schreyer mit dem Daumen oben: „Wie gewünscht.“

Nicht eingeplant bzw. mit so hoher Fokussierung und Mentalität, scheinbar frei von jedwedem Druck, hatten sie Basti Steger, Filip Zeljko und Jin Ueda nicht eingeschätzt. Anders als das TT-Urgestein unter den TSV-Fans Wolfram Weigand, der am selben Tag seinen 81. Geburtstag feierte – und einen Hauptwunsch hatte. „Heut´sind se dran“, hatte er prophezeit und meinte die hoch-negative Bilanz gegen die Thüringer. Dann war im ersten Einzel das aktuelle Urgestein Bastian Steger gegen den Rumänen Ovidiu Ionescu (35) dran, seit 2015 Postler, und fegte den WR-48. von der Platte. Mit 34:19 Bällen, so wie das Team seinen Gegner auch: mit 110:67 Bällen.

Besonders fair und damit typisch Tischtennis-Sport war dabei die Szene im zweiten Satz, als Ionescu bei 9:6-Führung einen von den Schiedsrichern für ihn entschiedenen und von Steger nicht anders wahrgenommenen Ball nach kurzer Diskussion zurückgab. 9:7 statt 10:6 für ihn – es war vielleicht sogar die Wende im Spiel. Er verlor diesen zweiten Satz noch 10:12, im dritten ging er 4:11 unter und warf sein Handtuch enttäuscht auf den Boden. Auf das Lob für Fairness und die Frage unseres Berichterstatters in der Pause draußen in der Sonne, was genau er denn zugegeben habe, erklärte er: „Nicht nur ein was. Es war alles auf einmal: Der Ball hat die Tischkante berührt, mein Trikot, meine Hand und sogar mein Gesicht. Also was soll´s.“

Filip Zeljko kam bei Olympia in Paris nur zu einem Team-Einsatz mit Kroatien gegen Südkorea, „ansonsten habe ich sehr viel erlebt und gelernt.“ Dass er so stark aufspielen würde gegen Steffen Mengel, war am wenigsten erwartet worden. Es war gewiss ein hartes Stück Arbeit trotz des relativ klaren 3:1. Wie er allerdings nach dem mit 9:11 verlorenen dritten Satz zurückkam, war ein neuer Filip in seinem neunten Jahr beim TSV. Eine 2:0-Führung zur Pause gegen Mühlhausen gab´s noch nie. Headcoach Itagaki war so entspannt, dass er die 20 Minuten nutzte, um mal schnell heim zu rennen und was zu holen. Mit der Bemerkung, „my head is kaputt“ und einem Grinsen im Gesicht.

Wolfram Weigand sprach inzwischen von „drei Viertel des Siegs – mit Pause“ und Jin Ueda spielte den ersten der drei Sieg-Trümpfe mit überragendem Erfolg aus. Wobei sich mancher Kenner der fränkisch-thüringischen Derbys wunderte, dass Schreyer den Franzosen Irvin Betrand (24., WR-311) das Vertrauen schenkte und den Österreicher Daniel Habesohn (38, WR-52), der Königshofen schon so oft geärgert hat, auf der Bank ließ. Im Tischtennis kennt man sämtliche Wendungen im Spielverlauf, erst recht im Teamwettkampf. Nicht mit Jin Ueda. Er machte schnell reinen Tisch. „Ich habe unter der Woche ein Challeger-Turnier in Ochsenhausen gespielt, zwei Mal gegen Bertrand, in der Gruppe und im Viertelfinale, habe einmal verloren, einmal gewonnen, einiges daraus gelernt und umgestellt“, verriet er hinterher.“

Während Filip Zeljko „besonders Basti und Jin“ lobte und dann „mein eigenes Rückschlagspiel und beim Aufschlag meine Entscheidung, mal kurz, mal lang. Und dann dieses Publikum. Da kann man ja gar nicht verlieren.“

TSV Bad Königshofen – Post SV Mühlhausen 3:0

Bastian Steger – Ovidiu Ionescu        3:0 (11:5/12:10/11:4)

Filip Zeljko – Steffen Mengel           3:1 (11:9/11:5/9:11/11:6)

Jin Ueda – Irvin Bertrand                  3:0 (12:10/11:4/11:3)

 

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