Wunder gibt es immer wieder – Zum zweiten Mal bei Borussia Düsseldorf gewonnen.
Bad Königshofen(rd) „Borussia mit Bestbesetzung gegen Bad Königshofen.“ So schrieb die Westdeutsche Zeitung, aber nicht wegen des großen Respekts vor den „Oberfranken“. Boll sei im letzten Spiel geschont worden, sollte Spielpraxis bekommen. Ebenso jene Topbesetzung, weil das Championsleague-Rückspiel gegen Jekaterinburg am Donnerstag bevorsteht und die Play-Offs nächstes Wochenende gegen Saarbrücken beginnen, in die man mit einem positiven Ergebnis gehen wollte. Gehalten werden sollte auch der zweite Platz, um im möglichen dritten Spiel Heimrecht zu genießen. 1100 Zuschauer kamen, um diesen Aufgalopp in die entscheidende Phase der Saison mitzuerleben.
Die Genussrechte hatte in den ersten zwei Spielen aber erst einmal der „Sparringspartner“ aus dem Grabfeld, gegen den man sich schon im Hinspiel ganz nah am Rand einer Niederlage bewegt hatte. Deren Headcoach Itagaki hatte mit den wenigen Trumpfkarten im Kader gepokert und Oikawa an Position 2 gestellt, Majoros an 1 und Ort an 3. Das bedeutete gleich zum Auftakt das eigentliche Einser-Duell Timo Boll gegen Mizuki Oikawa. In dem der kleine Japaner den Borussen, die ja großes Interesse an ihm für die nächste Saison gezeigt hatten, demonstrierte, was ihnen entgangen und den Königshöfern geblieben ist. 8:11 im ersten Satz für Boll: Alles im Lot, aber es deutete sich an, da geht noch was. Fortan spielte Oikawa mutig und rotzfrech, als wüsste er gar nicht, wo er spielt und gegen wen: Beim 30-fachen Deutschen Meister und gegen die Nummer 5 der Weltrangliste. Als Boll den zweiten Satz (9:11) abgegeben hatte und dann auch noch den dritten mit 11:13, da wankte das Denkmal und die 1100 stützten ihn mit „Auf geht’s Timo, auf geht´s“. Doch Trainer Danny Heisters und Manager Andreas Preußs Mienen wurden immer finsterer. Im vierten Durchgang dann die obligatorische Konzentrationsdelle bei Oikawa zum 5:11. Doch im fünften entzauberte er Timo Boll mit 11:7 und es sah aus, als entschuldigte er sich beim Shakehands beim besten deutschen Tischtennisspieler aller Zeiten – 1:0 für den TSV.
Nun hatte der von Rückenproblemen genesene Bence Majoros die Ehre gegen den Schweden Anton Källberg. 11:7 für den jungen Ungarn im ersten Satz. Was war denn da los? Seine persönliche Bilanz versprach ja alles, nur keinen Sieg in diesem Spiel. 9:11 im zweiten Satz – also doch. 11:9 im dritten und 11:8 im vierten Satz zum 3:1-Erfolg. Warum nicht öfter und früher so, wertvoller Bence Majoros? 2:0 für den TSV.
Nach der Pause stand Kilian Ort vor der Herkules-Aufgabe gegen den Schweden Kristian Karlsson, Nummer 15 der Weltrangliste. Auch der Borussen-Coach hatte gepokert. Mit ihm als Dreier war eher nicht zu rechnen gewesen. Karlsson schien bis in die Haarspitzen motiviert und sich seiner Verantwortung bewusst. Eine Niederlage und ein 0:3 gegen den Tabellenachten wäre keine Empfehlung für die anstehenden Aufgaben gewesen. Karlsson war so heiß, dass er nicht einmal zwischen den Sätzen zu seinem Trainer ging, sondern seine Temperatur durch Tänzeln in der Box halten wollte. Kilian Ort spielte großes Tischtennis mit, weit besser, als es die 0:3-Niederlage vermuten lässt. Es waren Nuancen bei den Ballwechseln, Promille an Details, die er weniger gut machte. Für den Normal-Zuschauer höchstens in Zeitlupe zu erkennen. Nur noch 2:1.
Und 2:2, als Bence Majoros von Timo Boll in die Realität zurück geholt worden war. Im ersten Satz hielt er noch ziemlich respektlos dagegen. Dann war kein Kraut mehr gewachsen gegen ihn. Wobei Bolls Mimik gelangweilt aussah, es natürlich nicht war. Sonderlich plagen musste er sich aber nicht. Doch Bence hatte sein Gesellenstück schon vorher abgeliefert. Mehr erwartete niemand von ihm. Aber was war vom Doppel Oikawa/Ort zu erwarten, das erst ein Mal überhaupt zusammen spielte, vor drei Jahren in der 2. Liga bei Frickenhausen II. Die ersten zwei Sätze waren ernüchternd. Es bestätigte sich, was von Nicht-Eingeweihten zu befürchten war. Die über Jahre eingespielte und erfolgreiche Rechts-Links-Händer-Kombination Karlsson/Källberg spielte Doppel, die zwei Königshöfer, etwas überspitzt, zwei Einzel nebeneinander. Bei denen keiner den Platz hatte, um richtig zum Ball zu stehen und die Laufwege mehr Fluchtwege waren, um den anderen nicht zu stören. Zwei Mal 6:11, zwei Lehr- und Lern-Sätze. Die scheinbar zum Beschnuppern und Aneinander-Gewöhnen gereicht hatten. Jetzt spielten sie aber auch alles oder nichts, voll offensiv, weil Abwehrbälle langsamer zurück kommen und zum Ausweichen mehr Zeit bleibt. Aber 11:2 und dann noch 14:12 mit dem fünften Satzball und rein in den Entscheidungssatz, der vorher sieben Mal in der Saison verloren ging. Doch die Zwei pushten sich, holten ihn sich mit 11:3. Sie herzten sich und Kilain hob Mizuki wie ein Kind auf die Schultern: Erstes Saisonspiel gewonnen, letztes auch und dazwischen sehr, sehr viel, das Appettit macht auf die nächste Saison.